Das versunkene Kirchspiel Bishorst

Bishorst ist der älteste Ortsteil der Gemeinde Haselau. Untersuchungen und Grabungen des Geologen Dr. Dittmer haben Spuren einer Besiedlung von Bishorst aus der Jungsteinzeit aufgezeigt. Vermutlich existierte schon seit dem 9. Jahrhundert eine Kirche auf Bishorst. Bishorst entwickelte sich zum Kirchspiel und geistlichen Zentrum der Haseldorfer Marsch. Der Missionsapostel Vicelin erhielt Bishorst 1125 zum Geschenk. Aber auch dem Apostel Ansgar könnte Bishorst bekannt gewesen sein: "Der heilige Ansgarius erbaute nach der Zerstörung Hamburgs das Kloster Ramelslohe jenseits der Elbe, und wenn er von dort seine Gemeinden diesseits der Elbe besuchte, soll er sich gemeiniglich zu Bishorst aufgehalten haben", schrieb ein Chronist im Jahre 1751. Erhaltene Urkunden belegen Beziehungen zwischen dem Kloster Ramelslohe und Bishorst.

Bishorst war um einst das geistliche Zentrum der Haseldorfer Marsch, denn nur hier und in Asfleth, beim dem heutigen Kolmar, gab es eine Kirche. Durch die Kolonisierung der Marsch im 12. Jahrhundert entstanden eigene Kirchen in Haseldorf, Haselau, Seester und Seestermühe. Um 1500 hatte das Kirchspiel Bishorst von seiner einstigen Größe sehr viel verloren. Ein Haseldorfer Gutsschreiber zählte damals rund 150 Einwohner. Die Bishorster Kirche muß um 1500 noch vorhanden gewesen sein, denn der Gutsschreiber vermerkt, dass ein Hynrik Cruse Kalk für die Bishorster Kirche kaufte. 1517 wird die Kirche noch in einem Vertrag erwähnt. Wahrscheinlich ist die Kirche dann in der Allerheiligenflut 1532 vernichtet worden. Eine alte Aufzeichnung berichtet: "Die Flut soll eine Tonne hoch über die Deiche gegangen und viele Menschen und Vieh ertränkt sowie die Kirchen von Asfleth und Bishorst weggespült haben."

War auch die Kirche untergegangen, so lebten doch zunächst noch Menschen im Dorf Bishorst. Aber viele Sturmfluten brachten immer wieder Not und Bedrängnis nach Bishorst. Am Karfreitag des Jahres 1745 ereignete sich dann eine verheerende Sturmflut, der Haselauer Gutsinspektor Knutzen schrieb: "In Bishorst sind die Deiche fast durchgängig ruiniert. Ein Brack ist eingegangen, welches ungefähr 30 - 40 Ruten (140 bis 180 m) in der Breite und Länge hat und sechs Faden (10 m) tief ist, so daß wir nur die wilde See um und bei uns haben.. Durch das Brack fließt die Ebbe und Flut beständig. Wäre die Flut bei Nacht gekommen, wären viele Menschen und Vieh umgekommen. Mein Gemüt ist ganz erkrankt und die Not ist groß. Bishorst ist gänzlich verloren. Die Häuser, sollen sie nicht weggespült werden, müssen abgebrochen werden."

Wenige Bewohner blieben in ihren Häusern noch einige Jahre wohnen. Im Kirchenbuch sind die Namen Blohm, Meyn, Bielenberg, Plüschau, Wilkens und Wulf noch bis 1748 eingetragen. 1748 ließ Wilhelm Wilkens aus Bishorst noch ein Kind taufen. Die letzten Katen sind bei einer Flut 1751 weggerissen worden, das alte Dorf Bishorst war jetzt ausgelöscht. Viele Familien zogen nach Altendeich und für die neuen Häuser wurden Bishorster Baumaterialien verwendet.

Heute liegt das einstige Dorf Bishorst versunken im Elbstrom. Eine schmale Eschenallee führt zu einer Stelle im Vordeichgebiet, die das letzte Überbleibsel von Bishorst bildet. 1934 schrieb der Hohenhorster Lehrer und Chronist Wilhelm Steffen: "Vom alten Bishorst kann man noch allerlei Scherben und Reste finden. Auch ist noch der hölzerne Brunnen vorhanden, der bei der Hofstelle Wulff gewesen ist. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde in Bishorst ein Sarg bloßgespült. Wenn vor 20 Jahren die Hohenhorster Knaben in Bishorst gebadet haben, so haben sie allerhand Totengebeine gefunden, der Kirchhof muß also an der nördlichen Spitze gelegen haben".

Hier versank ein Kirchspiel in den Fluten der Elbe