Hermann Claudius

Holstein - Gedicht von Hermann Claudius

Wie bei Haseldorf die Elbe und hinunter bis nach Kollmar; weithin strecken sich die Marschen, grau und grün. Du gehst längs Gräben. Weidenstümpfe heben gnomenhaft ihre dicken Wuschelköpfe. Kühe starren, breitgebuchtet, wollen keinen Schritt vom Wege. Und du gehst, und immer Gräben. Frösche hüpfen und dort drüben mit Grandezza stelzt der Storch hin - bis auf einmal dir vor Augen öffnet sich das weite Wasser, und der Strom schiebt sich gen Westen.

Eben sinkt die Sonne unter. Hundert Farben strahlt der Himmel. Blutig rot die runde Scheibe taucht hinab und ist entschwunden. Nur des Wassers tiefe Sehnsucht spiegelt noch ihr buntes Leuchten, immer noch - nun leis und leiser, bis die Nacht, geschloss´nen Auges, traumhaft nun sich aus den Büschen langsam hebt und ihres Makels dunklen Sammet um die weißen Schultern wirft, und gleich so vielen edlen Steinen all die Sterne wundersam und stumm erschimmern.

Und du stehst und staunst und setzest sehr behutsam deine Schritte. Siehe, aus dem schwarzen Wasser winkt ein Stern und blinkt und zittert. Und ein Vogel ruft im Finstern. Und dir ist, als woll´ein Riesen schatten wie ein Ungeheures nach dir langen.

Da erhebt sich mild der Mond. Die Nebelfrauen eilen lächelnd ihm entgegen. Und der Wassergeist, der Alte, ärgert sich, dass seine Glatze sichtbar wird. Die Elfen kichern. Und er duckt sich in die Tiefe. Schreiten Schatten dir zur Seite? Horch! Es redet doch und flüstert! Sind´s, die vor dir einst hier gingen, kämpften, duldeten und starben?

Und du eilst und freust dich endlich jenes Lampenscheins am Fenster, der dich anruft, und der Stube und des Wirtes, der das Nachtmal, schwarzes Brot und derben Schinken und den Bierkrug, wohlgemessen, auf den saubren Tisch dir breitet. Und du schwatzt noch dies und jenes.

Mitternachts in deinem Bette hörst du es noch heimlich raunen; rote, grüne Lichter winken übers Wasser in die Weite. Und du hörst es rufen, rufen. Und dein Fuß betritt das Ufer ewiger Landschaft noch im Traum.

Weidenstümpfe heben gnomenhaft ihre dicken Wuschelköpfe.

Und du gehst, und immer Gräben.

öffnet sich das weite Wasser, und der Strom schiebt sich gen Westen..

Eben sinkt die Sonne unter. Hundert Farben strahlt der Himmel..

Nur des Wassers tiefe Sehnsucht spiegelt noch ihr buntes Leuchten..

Da erhebt sich mild der Mond. Die Nebelfrauen eilen lächelnd ihm entgegen.

..und freust dich endlich jenes Lampenscheins am Fenster, der dich anruft, und der Stube und des Wirtes, der das Nachtmal, schwarzes Brot und derben Schinken und den Bierkrug, wohlgemessen, auf den saubren Tisch dir breitet.

Mitternachts in deinem Bette hörst du es noch heimlich raunen; rote, grüne Lichter winken übers Wasser in die Weite. Und du hörst es rufen, rufen. Und dein Fuß betritt das Ufer ewiger Landschaft noch im Traum.